Tja, Loitz, was soll man sagen. Ach, sagen wir einfach wie es ist: Gruselig! Wäre nicht alles so tragisch, würde man die Zeit sogar quasi genießen: Die Straßen leer, es kommt kein unerwarteter Besuch, keine grölenden Menschen vorm Haus (sofern man in einem Kneipenviertel wohnt), keine Schlägereien, blauer Himmel, weniger CO2, hilfsbereite Menschen (außer den Amerikanern, die kümmern sich ausschließlich um Amerikaner) und unfassbare Ruhe.
Gut, die aktuelle Situation hat Sidekicks, die nicht so schön sind. Zum Beispiel verzeichnen Statistiker eine Zunahme des Alkoholkonsums zuhause und von häuslicher Gewalt. Auf der anderen Seite rechnen Experten mit einer Erhöhung der Geburtenrate ab dem nächsten Jahr. Wie dies alles zusammenpasst, kann man sich auf seine Weise zusammenreimen aber letztlich weiß man ja schließlich nicht, was unter deutschen Dächern tatsächlich vor sich geht. Uns tangiert dies möglicherweise nur am Rande, denn als Veloist verbringt man durch den aufwändigen Sport nicht ganz so viel Zeit in den eigenen vier Wänden, selbst in der Krise. Von daher liegt die Annahme nahe, dass sowohl mangelnde häusliche Anwesenheit wie auch sportbedingte Erschöpfung die körperlichen Exzesse im heimischen Umfeld signifikant eindämmen.
Jetzt also, wo gerade das Wochenende wieder ins Haus steht, fällt mir auf, dass es das vierte in Folge ist, an dem einfach nichts auf dem Plan steht. Also wirklich nichts. Nada. Nothing. Unfassbar. Das hat es Jahre nicht gegeben. By the way kommen da die Worte von Harald Juhnke aus dem Zwischenhirn angewabert, die er auf die Frage zur Antwort gab, wie denn für ihn ein perfekter Tag aussehen würde:
"Keine Termine und leicht einen sitzen."
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Radfahren und rumhängen - eine derzeit angesagte Kombination
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Vielleicht wird jetzt einigen klar, was er damit meinte. Denn endlich ist das eingetreten, was man sich - oder zumindest der Verfasser dieser Zeilen - schon jahrelang gewünscht hat. Einfach mal keinen Stress. Zu Beginn eines jeden Jahres nimmt man sich zwar vor, die Wochenenden nicht so voll zu packen. Es geht aber direkt los: An jedem Wochenende - an wirklich jedem verf.... Wochenende wird irgendwas geplant. Einfach mal nichts machen, einfach mal zwei Tage überhaupt nichts machen - ach wie schön wäre das. Mit diesem Vorsatz geht man also guten Mutes ins neue Jahr und kaum hat es begonnen, beginnt sich der Kalender zu füllen. Man kann dagegen nichts tun. Es fängt schon damit an, dass man - so etwa im Januar - wo eigentlich noch alle ruhig sind, aus purem Leichtsinn den Veranstaltungsplan des BDR zur Hand nimmt und mal unverbindlich schaut, wann denn so ein paar RTFs in der Nähe stattfinden. Hat man diese eingetragen, kommen noch diverse andere Rad-Termine hinzu, zum Beispiel die des Clubs, sofern man Mitglied eines solchen ist. Dann sind da aber noch die Ausfahrten mit den Rad-Kollegen, die man zusätzlich organisiert (bekommt) und die ganzen Partys, Familienfeste und so weiter. Am Ende dann sind die Wochenenden bis weit in den Herbst belegt. Furchtbar. Derzeit jedoch ist kein einziger Termin in den nächsten Wochen im Kalender zu finden und wenn doch, dann hat man lediglich bisher versäumt, diesen zu streichen. Das Perfide daran ist allerdings, dass kein Mensch weiß, ab wann man wieder damit rechnen kann, irgendwas zu planen. Und nun kommen wir wieder zurück zum Kernthema: Als Fahrrad bewegender Mensch ist das ein vollkommenes Chaos. Denn jetzt beginnt die Saison. Das, wofür man den ganzen Winter auf der Rolle verbracht hat. Es ist wie bei einem Schauspieler, der akribisch seinen Text lernt aber nicht weiß, wann er auftreten kann. Gut, nicht jeder Radfahrer trainiert für irgendein Event. Aber für einige ist das Nicht-Stattfinden der eigentlich geplanten Veranstaltungen eine Katastrophe. Andere genügen sich selbst, wenn sie einfach nur ihr Sportgerät durch die Landschaft bewegen können. Für sie ist die Situation nicht ganz so tragisch, doch immer nur alleine? Nicht jeder zählt sich zur Gattung der Misanthropen (so wie ich) und genießt die Einsamkeit (ich). Insofern sind wir sicherlich noch ganz am Anfang eines Leidensweges, der aus gesellschaftlichem Verzicht, Entbehrung und Umdenken besteht. Doch wir sitzen alle im selben Boot und drücken uns gegenseitig die Daumen, dass wir alle die Durststrecke ohne bleibende Schäden überstehen und uns irgendwann alle gesund und fit wieder auf irgendeiner RTF, einem Rennen oder einfach nur so begegnen. Vielleicht sogar noch in dieser Saison - hoffen wir das. In diesem Sinne erstmal ein gutes und erfolgreiches Wochenende.
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